Eine nobles Restaurant, man hat sich für ein vielfältiges Menü entschieden und hierzu auch eine passende Flasche Wein gewählt. Sommelier/Sommèliere erscheint mit Wein und allerhand Ausrüstung am Tisch. Eine Kerze wird angezündet und der Wein bedächtig von der Flasche in eine elegante Glaskaraffe umgefüllt. Aber nennt man das dann eigentlich Dekantieren oder Karaffieren? Wo liegen die Unterschiede, muss man nur Rotwein dekantieren, wann sollte ich welchen Wein karaffieren. Wir klären auf!
Grundlegendes
In der Basis haben beide Verfahren gewisse Ähnlichkeiten. Im Prinzip wird der Wein aus der Flasche in ein Glasbehältnis umgefüllt. Die beiden Hauptziele dahinter: Belüften des Weins und Entfernen des Bodensatzes. Und hier liegt auch der große Unterschied zwischen beiden Verfahren:
Definition Dekantieren
Dekantiert werden alte, gereifte Rotweine. Ab etwa 5 bis 10 Jahren Lagerung kann sich in diesen Weinen ein sogenanntes Depot bilden. Diese Ablagerung am Boden der Flasche entsteht dadurch, dass sich mit der Zeit im Wein gelöste Stoffe, wie zum Beispiel Hefereste, Farbpigmente oder Gerbstoff-Anteile, wieder verfestigen. Depot ist in keinster Weise negativ oder gar eine Minderung der Qualität, im Gegenteil: Es trägt zur gezielten Reifung eines Weins bei. Da nun aber die wenigsten gerne einen „stückigen“ Wein trinken möchten, kommt hier das Dekantieren zum Einsatz. Der wichtigste Aspekt beim Dekantieren ist also das Trennen des Weins vom Bodensatz; zwar kommt es hierbei auch zu Sauerstoffkontakt, jedoch sollte dieser so gering und behutsam wie nur möglich gehalten werden. Bei zu starker Luftzufuhr kann es bei sehr alten Weinen sogar dazu kommen, dass der Wein oxidiert und damit ungenießbar wird. Grundsätzlich empfiehlt sich zum Dekantieren eines Rotweins eine eher schmale Karaffe.
Dekantieren - so wird’s gemacht
Sie entscheiden sich zu Hause zu einem besonderen Anlass oder auch einfach so (jeder Tag kann ein besonderer Anlass sein) eine alte und somit über längere Zeit gelagerte Flasche Rotwein zu öffnen. Bringen Sie die Flasche dafür am besten schon 1-2 Tage zuvor in eine stehende Position, damit sich das Depot am Flaschenboden absetzen kann. Nun geht es ans Dekantieren. Hierfür benötigen Sie (für Zuhause, nicht im Restaurant) folgende Utensilien:
- Eine Dekantierkaraffe: Wie bereits erwähnt, sollte die Karaffe bzw. der Dekanter eher schmal sein, um den Wein nur sehr bedingt mit Sauerstoff in Kontakt kommen zu lassen. Es gibt hierfür sogar spezielle Dekanter mit Deckel. Für welches Dekantier- oder Karaffiergefäß Sie sich entscheiden, liegt sicherlich auch an der Optik oder dem Design. Hier spielt dann natürlich der individuelle Geschmack die Hauptrolle.
- Eine Kerze oder andere Lichtquelle
- Einen Korkenzieher
- Ein leeres Weinglas
Öffnen Sie die Weinflasche sehr vorsichtig, ohne sie dabei stark zu bewegen (könnte das abgesetzte Depot wieder aufwirbeln). Sollte der Korken sehr porös sein, kann hierbei ein Spangenkorkenzieher (auch Hebamme genannt) hilfreich sein; sonst einfach mit viel Gefühl arbeiten.
Gießen Sie nun den Wein aus der Flasche vorsichtig und über der Lichtquelle in den Dekanter. Der Flaschenhals sollte hier so über der Lichtquelle positioniert sein, dass Sie sehen, ab wann auch das Depot mitfließt. Sobald das der Fall ist, unterbrechen Sie den Dekantiervorgang umgehend. Nehmen Sie nun einen Probeschluck, um zu sehen, ob und wie viel Luft der Wein noch benötigt. Wie man das feststellt? Dazu mehr im Abschnitt Karaffieren - So wird’s gemacht.
Definition Karaffieren
Wenn man einen Wein karaffiert, erfüllt dies den Zweck der Belüftung des Weins. Verstärkter Sauerstoffkontakt kann jungen, verschlossenen Weinen helfen sich zu entfalten und seine Aromen freizugeben. Jung ist hier keinesfalls ausschließlich mit „leicht und frisch“ in Verbindung zu bringen. Auch Weine, die eine gewisse Zeit im Holz ausgebaut wurden, können stark vom Belüften profitieren. Denken wir zum Beispiel an einen intensiven, körperreichen Weißwein mit Holzeinsatz oder einen tanninstarken, körperreichen und nicht zu alten Rotwein. Hier kann es sehr lohnenswert sein, einen solchen Wein zu karaffieren. Und ja, auch manche Champagner oder andere hochwertige Schaumweine profitieren von einer kurzzeitigen Belüftung.
Karaffieren - so wird’s gemacht
Das Wort „kann“ ist das Gebot der Stunde. Nicht jedem Wein tut eine verstärkte Belüftung gleichermaßen gut. Die zarte Aromatik mancher Weine kann es sogar sehr negativ beeinflussen. Prüfen Sie zunächst, ob ein Wein noch Luft benötigt. Dazu schenken Sie sich eine kleine Menge in ein Glas und achten auf die Entfaltung der Aromatik in Nase und Mund. Zeigt sich der Wein noch zurückhaltend und lassen sich die Aromen nur schwach wahrnehmen, ist das ein gutes Indiz dafür, dass dem Wein Belüftung auf die Sprünge helfen kann. Hierzu füllen Sie den Wein von der Flasche in eine Karaffe, wobei anders als beim Dekantieren nicht zu zaghaft gearbeitet werden muss. Auch die Form der Karaffe ist hierbei entscheidend. Faustregel: Je breiter die Karaffe ist, desto größer ist die Oberfläche des Weins und damit auch die Sauerstoffzufuhr. Eine fixe Anleitung, welcher Wein in welcher Karaffe belüftet werden sollte, ist verständlicherweise fast unmöglich; wir haben dennoch eine Grobunterteilung für Sie vorgenommen:
Zusammenfassung
Wir sehen also, dass es Unterschiede zwischen Dekantieren und Karaffieren gibt. Während man ältere Rotweine dekantiert, um diese vom Bodensatz zu trennen, karaffiert man Weiß-, Rot- und auch Schaumweine, damit diese ihre Aromen schneller entfalten.
Es ist weit mehr als eine bloße „Show“ eines Sommeliers oder gar elitäres Gehabe. Jeder Wein ist für sich genommen eigenständig und verdient eine entsprechende Behandlung. Hilft Belüftung dem Einen auf die Sprünge, kann sie für einen anderen absolut schädlich sein. Also gilt: Prüfen Sie jeden Wein immer individuell auf seine jeweiligen Bedürfnisse. Es bleibt spannend!
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