Veröffentlicht am Montag 18. September 2023
Veröffentlicht am Montag 18. September 2023
So wird Schaumwein genannt, der in Deutschland erzeugt wird. Die Qualitäten und Preisspannen sind dabei extrem unterschiedlich. Sie reichen von sehr einfachen Produkten für wenige Euro bis hin zu Sekt der Extraklasse, der dann auch mal in den dreistelligen Preisbereich gehen kann.
Warum sind die Unterschiede so enorm groß? Was macht einen Sekt der Spitzenklasse aus? Wie ist Sekt überhaupt entstanden, wie wird er hergestellt? Wie ist die aktuelle Marktsituation? Welches sind die ganz großen Erzeuger und welches sind die Spitzenproduzenten?
Neben unterschiedlichen Verfahren zur Herstellung von Sekt gibt es auch viele Begriffe zu unterschiedlichen Varianten. Das macht die Einordnung eines Sekts schwierig.
Übergreifend unterscheidet man in der EU und in Deutschland zwischen Schaum- und Perlwein:
Schaumwein ist der Überbegriff für schäumende Weine. Ein Mindestdruck von 3 bar und mindestens 9,5 Vol.-% Alkohol sind für Schaumwein erforderlich. Auf welche Art er hergestellt wird, ist nicht vorgeschrieben. Zu Schaumwien zählen neben Sekt auch Champagner, Cava, Crémant, Prosecco Spumante, etc. Diese können nochmals strengeren Vorschriften als den hier genannten unterliegen.
Perlwein ist ein leicht schäumender Wein mit geringerem Druck von 1 bis maximal 2,5 bar und mindestens 7 Vol.-% Alkohol. In der Regel wird Perlwein mit dem Tankgärverfahren erzeugt. Ihm darf aber auch Kohlensäure zugesetzt werden. Dieses Verfahren nennt man Karbonisieren. Falls es angewandt wird, muss auf dem Etikett ein entsprechender Hinweis zu finden sein. Perlwein erkennt man einfach, da er nicht mit einem Drahtgestell (Agraffe), sondern mit einem Schraubverschluss, Korken, etc. verschlossen ist. Prosecco Frizzante ist z. B. ein Perlwein. Andere werden z. B. auch Secco genannt. Überwiegend handelt es sich bei Perlwein um einfache Produkte.
Sekt zählt zur Kategorie Schaumwein. Die Anforderungen liegen hinsichtlich des Drucks (3,5 bar) und Alkohols (mind. 10,0 Vol.-%) etwas höher als beim „einfachen“ Schaumwein. Zudem muss er mit einer Agraffe gesichert sein. Ein Perlwein kann somit kein Sekt sein. Zur Herstellung von Sekt sind alle drei Verfahren der zweiten Gärung möglich: Traditionelle Flaschengärung, Flaschengärung und das Tankgärverfahren. Aber Sekt kann auch mit nur einer Gärung, der sogenannten Rural Methode erzeugt werden.
Hier ein kurzer Überblick über die verschiedenen Methoden:
Weitere Begriffe und Unterscheidungen bei Sekt:
Einfacher Sekt wird heute überwiegend von großen Produzenten im Tankgärverfahren hergestellt. Es sind häufig keine Angaben zur Rebsorte auf dem Etikett zu finden. Das bedeutet, dass viele Rebsorten, meist auch aus unterschiedlichsten Herkünften, verwendet werden. Falls auf dem Etikett „Sekt Deutschland“ steht, können die Trauben auch außerhalb von Deutschland angebaut worden sein. Das „Deutschland“ bezieht sich auf den Ort der Herstellung. „Deutscher Sekt“ dagegen muss aus Trauben gewonnen werden, die in Deutschland angebaut wurden. Die Süße vom einfachen Sekt ist in der Regel hoch. „Trocken“ bei Schaumwein garantiert keinen trockenen Geschmack. Denn im deutschen und auch europäischen Weinrecht ist bei der Bezeichnung „trocken“ eine Zuckerzugabe bei der Dosage von bis zu 32 Gramm pro Liter erlaubt. Bei Stillwein liegt der Wert für „trocken“ bei maximal 9 Gramm pro Liter. Das ist verwirrend bis irreführend „Extra trocken“ erlaubt immer noch 17 Gramm Restsüße pro Liter. Süße an sich ist aber noch kein Hinweis auf ein einfaches Produkt. Der Punkt ist jedoch, dass sich mit Süße einfachste und sehr billige Grundweine mit unharmonischen oder unreifen Noten kaschieren lassen.
Ein Großteil des Sektmarktes verteilt sich übrigens auf fünf große Betriebe. Der größte davon ist Rotkäppchen-Mumm. Etwas mehr als 50% der gesamten Produktion stammt von dieser Kellerei. Nummer zwei im Markt ist Henkell-Freixenet mit knapp 10% der deutschen Sektproduktion. Der Markt konzentriert sich in den letzten Jahren. Die Zahl der Sekterzeuger nahm von 2011 zu 2021 von 1.590 auf 1084 ab. Trotzdem ist auch zu erkennen, dass neue, meist sehr kleine Erzeuger neu dazu kommen.
Hervorragender Sekt wird heute von einer geringen, aber steigenden Zahl an Produzenten erzeugt. Es gibt lediglich zwei, drei Handvoll wirklich herausragender Sekterzeuger. Darunter sind viele kleine Spezialisten oder auch wenige Winzer, die sowohl Sekt als auch Stillwein produzieren.
Was ist ihr Geheimnis? Guter Sekt entsteht im Weinberg. Bereits bei der Wahl und Anlage eines Weinbergs gibt es Entscheidungen zu treffen, die „sektspezifisch“ sind. Denn die Trauben werden im Gegensatz zu Stillweintrauben früher gelesen. Sie sollen frischer an Säure, ärmer an Süße, aber doch aromatisch sein. Spitzenerzeuger verwenden auch die Trauben ihrer besten Weinberge für die Sektproduktion. Sie nehmen besonders gut geeignete Rebsorten, arbeiten sorgfältig und schonend im Weinberg. Im Keller werden die Weine möglichst sanft behandelt. Besonders gut geeignet für die Sekproduktion sind Chardonnay, Weißburgunder und Spätburgunder. Bei Riesling scheiden sich die Geister. Viele, auch ambitionierte Rieslingsekte sind plump und unharmonisch. Aber natürlich gibt es auch hervorragende Beispiele von Sekt aus der Spitzentraube. Die Saftausbeute ist deutlich geringer als bei Massenprodukten. Dafür erhalten die Winzer ausdrucksstarke, frische und harmonische Grundweine.
Der Ausbau der Grundweine ist bei Deutschlands Top-Produzenten nicht einheitlich und erfolgt in diversen Varianten: Grundweine im Holz oder Edelstahl, Entscheidung für oder gegen die Durchführung des biologischen Säureabbaus, Verwendung von Reserveweinen und vieles mehr. Dadurch sind die Sekte sehr individuell und charaktervoll. Gemeinsam ist wieder die traditionelle Flaschengärung, die bei allen Top-Produkten anzutreffen ist. Die Zeit auf der Hefe für die Autolyse kann, aber muss nicht mehrere Jahre andauern. Längerer Hefekontakt kann Komplexität und Filigranität erzeugen. Einige Winzer zeigen aber auch, dass man mit kürzeren Zeiten von nur eineinhalb bis zwei Jahren, hervorragendes schaffen kann. Die Dosage bei Deutschlands besten Sekten ist gering. Sie liegen im Bereich extra brut (bis maximal 6 Gramm Zucker pro Liter) oder kommen gleich komplett ohne Zuckerzugabe (brut nature) aus.
All diese Faktoren und Maßnahmen wirken sich auf die Qualität aus. Aber nicht nur auf die Qualität – auch auf den Preis für die Produktion.
Richtig guter Sekt ist ab rund 20 Euro nicht billig - aber auf jeden Fall preiswert!
Moussierende also sprudelnde Weine waren, wie die Weinherstellung an sich, ein Zufallsprodukt. Ihr Ursprung geht ins Frankreich des 16. Jahrhunderts zurück. Noch nicht ganz vergorener Wein wurde bei Limoux in Amphoren und Krüge gefüllt. Diese wurden mit Holzzapfen, Stoff, etc. verschlossen. Die Gärung ging dann weiter oder startete wieder, falls sie zuvor, meist aufgrund von kühlen Temperaturen, unterbrochen worden war. Das Kohlendioxid konnte nicht entweichen und Kohlensäure wurde in dem Wein gebunden. Die Schaumweinherstellung war geboren. Mit der Zeit wurde das Verfahren vor allem in der Champagne mit wissenschaftlichen Entdeckungen und technischen Entwicklungen deutlich verfeinert: Flaschen wurden eingeführt, Wein wurde trocken vergoren und dann mit Zucker für eine zweite Gärung in der Flasche versetzt, die richtige Zuckermenge wurde ermittelt, Korken wurden als Verschlüsse eingeführt, ein Drahtgestell zur Sicherung (Agraffe) entwickelt, stabileres Flaschenglas verwendet, etc.
Es entstand ein Boom in der Champagne und fachkundige Arbeiter wurden gebraucht. Ab Ende des 18. Jahrhunderts wanderten viele aus den heutigen deutschen Anbaugebieten Pfalz, Rheinhessen oder Mosel in die Champagner aus. Sie waren auf der Suche nach Arbeit und Möglichkeiten, Karriere sowie eigene Erfahrungen mit dem neuen Produkt zu machen. Der Geschäftssinn, das kaufmännische Geschick und der Fleiß der Deutschen wurde damals geschätzt und so wurden ihnen häufig Buch- und Büroleitung übertragen. Manche blieben, gründeten eigene Kellereien und haben so die Entwicklung des Champagners maßgeblich mit geprägt. Unter ihnen Joseph Jacob Placid Bollinger (Champagne Bollinger), Wilhelm Deutz (Champagne Deutz), Florens-Ludwig Heidsieck (Champagne Piper-Heidsieck), Joseph Krug (Krug) oder auch Peter Anton Mumm (Champagne Mumm).
Auch Georg Christian Kessler ging in die Champagne und wurde bei Veuve Clicquot Buchhalter und später auch Geschäftsführer. Aber bereits 1826 gründete Kessler in Esslingen die erste Sektkellerei und legte somit den Grundstein für die deutsche Schaumweinproduktion. Andere taten es ihm gleich und so entstand die deutsche Sektkultur, die 1849 bereits 43 Betriebe zählte. Ein regelrechter Boom brach aus, 1872 wurden vier Millionen Flaschen produziert. 1876 konnte bei der Weltausstellung in Paris die erste Goldmedaille errungen werden, was der Champagne nun offiziell den Platz als der Schaumwein schlechthin streitig machte.
Dass deutscher Sekt von Frankreich in den folgenden Jahren als ernsthafte Konkurrenz gewertet wurden, zeigt auch der sogenannte Champagner-Paragraph im Versailler Vertrag von 1919. Nach Kriegsende wurde es verboten, deutschen Schaumwein als Champagner zu bezeichnen. Das begünstigte die Einführung des heute eigenständigen Begriffs Sekt. Das Wort bzw. die Wortschöpfung Sekt geht wohl auf den Berliner Bühnenstar Ludwig Devrient zurück. Er orderte 1825 in der Weinstube von Lutter & Wegner mit einem Zitat aus seiner Shakespeare-Rolle des Falstaff: „Bring er mir einen Sekt, Schurke!“ und meinte damit eigentlich einen trockenen Sherry (engl. sack). Der Kellner servierte ihm daraufhin wie gewohnt einen Schaumwein, sehr zur Erheiterung der anderen Gäste. Der Scherz wurde vielfach übernommen und der Begriff bürgerte sich ein. 1925 wurde er schließlich amtlich festgehalten.
Sehr prägend für die Entwicklung des deutschen Sektmarktes war außerdem Kaiser Wilhelm II. Schon sein Großvater Kaiser Wilhelm I. war großer Weinfreund und Verfechter von deutschem Sekt, insbesondere dem „Rheingold“ Riesling-Sekt der Kellerei Söhnlein. Diese wurde Standard für deutsche Schiffstaufen und gelangte so weltweit zu Ruhm. Vor allem auch, weil den USA diesbezüglich ein Fauxpas unterlief. Im Jahr 1902 hatte Georg Alexander Kessler heimlich den Werftbesitzer bestochen, dass er die für die Taufe des deutschen Schiffs Meteor III vorgesehene Flasche „Rheingold“ durch eine Flasche Moët & Chandon ersetzt. Kaiser Wilhelm II., der zur Taufe anreiste, war darüber so verärgert, dass nennenswerte Spannungen zwischen ihm und den USA entstanden und der sogenannte Champagner-Krieg zwischen den Firmen Söhnlein und Moët & Chandon entbrannte. Die Berichterstattung darüber führte jedoch auch dazu, dass beiden Marken anschließend weltweit bekannter waren.
In 1902 führte Kaiser Wilhelm II. neben weiteren Luxussteuern auch die deutsche Sektsteuer ein, um seine Kriegsflotte zu finanzieren. Außerdem wurde mit einem Weingesetz ein Monopol zur Herstellung und Verkauf von Sekt begründet. Es galt für das gesamte deutsche Kaiserreich und sollte die Qualität und den Ruf deutscher Schaumweine schützen. Winzer benötigten demnach eine Erlaubnis der jeweiligen Landesregierung und unterlagen strengen Vorschriften. Das Ergebnis war ein stark reglementierter Markt, mit begrenztem Angebot und einem höheren Preisniveau als Produkte aus anderen Ländern. Erst 1971 wurde dieses Monopol durch EU-Bestimmungen abgeschafft. Es folgte eine Liberalisierung des deutschen Sektmarktes mit deutlich mehr Vielfalt sowie stark gesunkenen Preisen. Wobei die Sektsteuer bis heute besteht! Sie beträgt 1,02 Euro pro Flasche – ein durchaus großer Anteil, insbesondere bei den klassischen Marken im Supermarkt, die häufig im Bereich von 5-6 Euro liegen. In 2021 erwirtschaftete der Fiskus so 340 Millionen Euro.
Sekt ist äußerst heterogen sowohl von der Qualität, als auch der Stilistik. Egal ob Riesling, oder andere Rebsorten, Tankgärung oder traditionelle Flaschengärung, 5 oder 100 Euro, alles wird unter diesem Begriff zusammengefasst. Als Verbraucher ist es extrem schwierig, Qualitäten zu erkennen und eine Preiswürdigkeit abzuleiten. Der Großteil des Marktes wird von einfachen, billigen Massenprodukten geprägt. Dem gegenüber steht eine kleine, aber wachsende Zahl von Spezialisten und Winzern (welche auch Stillwein erzeugen), die hervorragende Sekte mit Identität und Charakter hervorbringen. Die enorme qualitative Sektentwicklung steht aber immer noch an ihrem Anfang. Da das Erzeugen von Spitzensekt aufgrund der teils jahrelangen Reife im Keller enorm zeitaufwändig ist, sind viele Veränderungen, Verbesserungen und Neuerungen noch gar nicht auf dem Markt.
Deshalb können wir uns bereits jetzt für erstklassige Sekte weniger Könner begeistern und uns auf viele Spitzenprodukte freuen, die in wenigen Monaten und Jahren verfügbar sein werden.